Wie Chefs den Wiedereinstieg von Eltern vermasseln – oder möglich machen
Unternehmen investieren jede Menge Geld in Programme zur Entwicklung von Führungskräften. Diese beinhalten meist Trainings zu Kommunikation, Teamführung oder Konfliktlösung. Doch ein wesentlicher Aspekt wird dabei oft übersehen: Führungskräfte leiten Teams mit Menschen, die Eltern werden, in Elternzeit gehen – und zurückkehren. Gerade dieser Wiedereinstieg verdient besondere Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl.
Wiedereinstieg = Neustart
Was passiert, wenn Führungskräfte Eltern nach der Elternzeit sich selbst überlassen, in der Annahme, sie wüssten schon, wie alles läuft?
Der Wiedereinstieg gleicht einem Neustart. Je länger die Abwesenheit, desto stärker verändern sich Unternehmen, Teams – und auch Mutter oder Vater selbst. Ohne Führung sind Rückkehrer:innen orientierungslos.
- Keine Wertschätzung: Die Rückkehrer:innen fühlen sich nicht willkommen, nicht gebraucht – und verlieren schnell Motivation.
- Keine Klarheit: Wichtige Informationen fehlen. Prioritäten, Aufgaben, Rollen – alles ist unklar. Überforderung ist vorprogrammiert.
Was gute Führung ausmacht
Damit Eltern motiviert und gestärkt zurückkehren und im Unternehmen bleiben, braucht es vorbereitete, offene Gespräche. Idealerweise etwa drei Monate vor dem Wiedereinstieg.
Folgende Aspekte gehören in das Wiedereinstiegsgespräch:
- Veränderungen aufzeigen: Welche Neuerungen gibt es in Firma, Abteilung, Team? Wie wirken sie sich auf den Job der Elternperson aus?
- Angebote für Familien: Hole dir Infos von der HR-Abteilung, um aktuelle familienfreundliche Angebote zu kommunizieren.
- Teilzeit-Regelungen klären: Gibt es Mindeststunden? Unternehmensspezifische Vorgaben? Vorab informieren.
- Passende Aufgaben finden: Welche Projekte passen zu den Kompetenzen der Mutter / des Vaters?
- Neue Kompetenzen erkennen: Elternschaft bringt neue Fähigkeiten. Frage, was gelernt wurde und wie das im Job eingesetzt werden kann.
- Stundenzahl besprechen: Wie passt der Arbeitsumfang zu den Aufgaben? Klare Absprachen treffen.
- Meetings anpassen: Wie können Termine organisiert werden, damit Rückkehrer:innen teilnehmen können?
- Transparenz zu Homeoffice & Flexibilität: Offen über Rahmenbedingungen sprechen.
- Grenzen klar kommunizieren: Was lässt sich gestalten, was nicht – und warum.
- Team einbeziehen: Wer übernimmt welche Aufgaben? Was schätzt das Team an der Rückkehrperson? Ein gemeinsames Meeting hilft beim Re-Onboarding.
Und ganz wichtig: Frage, welche Unterstützung sich die Mutter oder der Vater von dir als Führungskraft wünscht – damit die Balance zwischen Familie und Beruf gelingen kann.
Die oft vergessenen Aspekte
Es gibt weitere, oft übersehene Punkte, die für einen gelungenen Wiedereinstieg entscheidend sind:
- Eigenes Modell nicht projizieren: Führungskräfte, die selbst Eltern sind, übertragen unbewusst ihre Erfahrungen. Doch jede Situation ist individuell.
- Langfristige Perspektive: Kinder werden älter – und mit der Zeit steigt die Kapazität der Eltern. Frühzeitige Wertschätzung zahlt sich später aus.
- Sprache wirkt: Wie wird im Team über Teilzeit oder Eltern gesprochen? Achte auf Wertschätzung in der Sprache – auch in Nebensätzen.
Fazit: Keine Standardlösung
Ein erfolgreicher Wiedereinstieg braucht kein Template. Er braucht individuelle Lösungen – im ehrlichen, empathischen Dialog zwischen Führungskraft und Elternteil.
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.