Fokus ist kein Mindset – sondern ein Zustand der inneren Balance
Fokus – dieses große Schlagwort unserer Zeit. Unzählige Bücher, Podcasts und Coachings drehen sich um die Fähigkeit, sich nicht ablenken zu lassen, konzentriert zu arbeiten und klare Entscheidungen zu treffen. Und ja: Fokus ist wichtig. Aber was, wenn wir ihn an der falschen Stelle suchen?
Denn Fokus ist keine reine Kopfsache. Er entsteht nicht durch Disziplin allein – sondern durch innere Balance. Viele Menschen verlieren ihren Fokus nicht, weil sie zu wenig „Wollen“, sondern weil sie zu wenig in sich ruhen.
Wenn der Körper keine Energie mehr hat, hilft auch kein Zeitmanagement
Wir leben in einer Gesellschaft, die den Kopf zum Zentrum des Erfolgs erklärt hat. Dabei vergessen wir oft, dass unser Geist auf einem Körper ruht – und dieser Körper Energie braucht. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) spricht man von „Qi“ – der Lebensenergie, die durch den ganzen Organismus fließt. Ist sie blockiert oder geschwächt, verlieren wir nicht nur körperliche Kraft, sondern auch mentale Klarheit.
Konzentration ist kein Zufallsprodukt. Sie entsteht, wenn unser Körper versorgt, unser Nervensystem beruhigt und unser Geist zentriert ist. Wer dauerhaft müde ist, ständig zwischen Reizüberflutung und innerer Unruhe pendelt, kann sich nicht fokussieren – egal wie viele Tools, Apps oder Planungsmethoden zur Verfügung stehen.
Klarheit beginnt im Inneren – und Fokus lässt sich trainieren
In der TCM wird mit fünf Elementen gearbeitet, die bestimmten Organen, Emotionen und Lebensbereichen zugeordnet sind. Das Metall-Element steht dabei für Struktur, Fokus, Abgrenzung – aber auch für den Atem, die Haut und unsere Fähigkeit, loszulassen. Ist dieses Element geschwächt, zeigen sich häufig Symptome wie Entscheidungsschwäche, Perfektionismus, Reizbarkeit oder das Gefühl, „den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen“.
Die gute Nachricht: Fokus ist kein statischer Zustand, sondern etwas, das wir fördern und pflegen können – über den Körper, die Atmung, die Ernährung und gezielte Rituale. Ein stabiler Fokus entsteht dann, wenn wir lernen, auf uns zu hören, Grenzen zu setzen und unsere Energie bewusst zu lenken.
Mini-Übung zur Fokusschärfung – in 3 Atemzügen
1. Aufrecht sitzen. Die Augen kurz schließen und die Aufmerksamkeit zum Atem lenken.
2. Tief einatmen. Beim Ausatmen denken: „Ich lasse los, was mich ablenkt.“
3. Erneut einatmen. Beim Ausatmen denken: „Ich entscheide, was heute zählt.“
4. Noch ein Atemzug. Beim Ausatmen denken: „Ich bin klar. Ich bin da.“
Diese kurze Übung kann ein Anker im Alltag sein – vor einem Meeting, zwischen zwei Aufgaben oder immer dann, wenn man das Gefühl hat, sich zu verlieren. Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Sondern darum, sich selbst wieder zu spüren.
Warum Fokus für viele Frauen anders funktioniert
Gerade Frauen erleben im Berufsalltag häufig einen inneren Spagat: zwischen Verantwortungen, Erwartungen, Perfektion und Selbstzweifeln. Sie funktionieren, halten durch, jonglieren alles – und fragen sich irgendwann: Wo bleibe ich?
Fokus bedeutet hier nicht noch mehr Anstrengung, sondern einen sanften Perspektivwechsel: Was tut mir gut? Wann bin ich in meiner Kraft? Welche Aufgaben geben mir Energie – und welche rauben sie?
Auch biologische Rhythmen, emotionale Zyklen und der Umgang mit Erschöpfung spielen eine Rolle – ebenso wie die Fähigkeit, Grenzen zu setzen und die eigene Wahrnehmung zu stärken.
Fazit: Fokus ist eine Frage der Beziehung zu sich selbst
Wer klar ist, wirkt klar. Wer bei sich ist, kann andere mitnehmen. Wer weiß, was er braucht, trifft andere Entscheidungen – beruflich wie privat.
Fokus ist deshalb weniger ein Ziel, das wir erreichen müssen, als ein Zustand, den wir immer wieder kultivieren dürfen. Durch Stille. Durch bewusste Pausen. Durch Körperbewusstsein. Und durch die Entscheidung, von innen nach außen zu leben – nicht umgekehrt.
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.