Barrierefreiheit ist schon lange kein Nischenthema mehr
Barrierefreiheit ist schon lange kein Nischenthema mehr. Im Gegenteil: Sie betrifft einen großen Teil der Gesellschaft. Rund 15 % der Europäer:innen leben mit einer Behinderung und durch die alternde Gesellschaft steigt diese Zahl. Wer also die eigenen Angebote barrierefrei gestaltet, schafft einerseits Chancengleichheit und gewinnt andererseits gleichzeitig eine größere Zielgruppe für sich.
Warum ist die EN 301 549 wichtig?
Genau hier, beim Thema der Barrierefreiheit, setzt die EN 301 549 an: Die europäische Norm definiert Anforderungen an die Barrierefreiheit von Informations- und Kommunikationstechnologien.
Doch was bedeutet das für Unternehmen, insbesondere für kleine Betriebe? Welche Vorteile ergeben sich? Und wie kann man die Norm praktisch umsetzen?
Was ist die EN 301 549?
Die EN 301 549 ist eine europäische Norm, die sowohl funktionale als auch technische Anforderungen an barrierefreie digitale Produkte und Dienstleistungen festlegt. Sie basiert auf internationalen Standards. Mit ihr verfolgt die EU das Ziel, Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu Technologie zu ermöglichen.
Die Richtlinie bietet einen klaren Leitfaden, um digitale Barrieren abzubauen und so die Nutzer:innenfreundlichkeit zu verbessern. Sie gilt für Websites, mobile Apps, Software, Hardware und elektronische Dokumente.
Gerade kleine Gewerbe ziehen große Vorteile von der Umsetzung dieser Norm. Sie stellt nämlich Informationen dazu bereit, wie Produkte und Dienstleistungen zukunftssicher gestaltet werden können. Auf diese Weise bleiben die Expert:innen wettbewerbsfähig.
In vielen europäischen Ländern ist die Einhaltung der EN 301 549 bereits gesetzlich vorgeschrieben, beispielsweise durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Deutschland.
Vorteile für kleine Unternehmen
Größerer Kund:innenkreis
Durch die Umsetzung der Kriterien für eine barrierefreie Website oder App ist diese für mehr Menschen nutzbar. Dazu gehören Menschen mit Behinderungen, ältere Personen und auch solche mit zeitlich begrenzten Einschränkungen (zum Beispiel nach einer Verletzung).
Bessere Benutzer:innenfreundlichkeit
Klare Strukturen in Texten, kontrastreiche Farben und gut lesbare Schriftarten helfen nicht nur Menschen mit Sehbehinderungen, sondern verbessern die allgemeine Nutzererfahrung für alle Kund:innen.
SEO-Vorteile
Verbesserte Lesbarkeit, logische Navigationspfade und alternative Bildbeschreibungen fördern die Auffindbarkeit in Suchmaschinen. Auch das ist also ein Vorteil für jedes kleine Unternehmen, das auf organische Reichweite angewiesen ist.
Rechtliche Absicherung
Mit der zunehmenden gesetzlichen Verankerung von Barrierefreiheit können Verstöße zu rechtlichen Konsequenzen führen. Wer die EN 301 549 beachtet, minimiert das Risiko von Abmahnungen oder Klagen und bleibt so auf der sicheren Seite.
Innovationskraft und Zukunftssicherheit
Unternehmen, die in barrierefreie Technologien investieren, sind oft innovativer und besser auf die Zukunft vorbereitet. Digitale Inklusion wird immer wichtiger. Dementsprechend haben Unternehmen, die jetzt handeln, langfristige Vorteile.
Wie können Kleinunternehmer:innen die EN 301 549 praktisch umsetzen?
Oftmals schrecken kleine Unternehmen aus zwei Gründen vor dem Thema Barrierefreiheit zurück:
- Sie fürchten sich vor extrem hohen Kosten.
- Es erscheint sehr komplex.
Doch hier die gute Nachricht: Barrierefreiheit muss weder teuer noch kompliziert sein. Kleinunternehmer:innen können mit einfachen Maßnahmen starten und Schritt für Schritt ihre digitalen Inhalte anpassen.
1. Webseiten und Online-Shops optimieren
- Alternativtexte für Bilder hinterlegen
- Klare und verständliche Sprache verwenden
- Kontraste und Schriftgrößen anpassen
- Strukturierte Überschriften (H1, H2, H3) nutzen
- Tastaturbedienung ermöglichen
2. Digitale Dokumente barrierefrei gestalten
- PDF-Dateien mit Tags versehen
- Beschreibungen für Grafiken und Tabellen einfügen
- Klare Formatierungen und Lesereihenfolgen beachten
3. Videos und Multimedia-Inhalte zugänglich machen
- Untertitel für Videos hinzufügen
- Audiodeskriptionen für wichtige Inhalte bereitstellen
4. Software und Apps barrierefrei entwickeln
- Nutzerfreundliche Bedienkonzepte umsetzen
- Screenreader-Kompatibilität prüfen
- Individuelle Anpassungsmöglichkeiten anbieten
Wichtig: Die digitale Barrierefreiheit muss ab 28.06.2025 umgesetzt sein.
Fazit: Barrierefreiheit als Chance – kleiner Schritt, große Wirkung
Die EN 301 549 ist nicht nur eine Norm, sondern vor allem eine Chance für kleine Unternehmen, sich zukunftsfähig zu machen. Wer die eigenen digitalen Angebote und Produkte barrierefrei gestaltet, kann auf diesem Weg die Reichweite erhöhen, die Benutzerfreundlichkeit optimieren und rechtliche Risiken vermeiden. Es lohnt sich also mehrmals, sich damit auseinanderzusetzen und erste Schritte im Sinne der Umsetzung zu machen.
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder.