Jana Ringwald im Kampf gegen Cybercrime: Wie digitale Ermittlungen Verbrechen aufdecken und unsere Gesellschaft schützen
Cyberkriminalität ist längst keine Randerscheinung mehr – sie betrifft uns alle. Ob Identitätsdiebstahl, Darknet-Marktplätze oder groß angelegte Hackerangriffe: Die digitale Welt hat ihre Schattenseiten. Doch wer sind die Menschen hinter diesen Verbrechen? Und wie kann man sie stoppen?
In ihrem neuen Buch Digital. Kriminell. Menschlich. gibt Jana Ringwald, eine der führenden Cybercrime-Ermittlerinnen Deutschlands, einen exklusiven Einblick in ihre Arbeit und zeigt, wie nah Faszination und Gefahr beieinanderliegen. Im Gespräch mit Anabel Ternes von Hattburg enthüllt sie die spannendsten Fälle, persönliche Erfahrungen und überraschende Erkenntnisse über die digitale Unterwelt.
Wie sieht der Alltag einer Cybercrime-Ermittlerin aus? Was können wir tun, um uns zu schützen? Und warum ist ein „guter Angeklagter“ manchmal der Schlüssel zur Lösung? Dieses Interview bietet spannende Antworten auf Fragen, die uns alle betreffen.
1. Jede große Geschichte hat einen Auslöser – was war Ihr ganz persönlicher Moment, der Sie dazu gebracht hat, genau dieses Buch zu schreiben?
Es war ein ganz schlichter Moment in der Natur. Über meine Arbeit hatte ich bereits in vielen Formaten erzählt. Doch nie konnte ich das gesamte Bild zeichnen, das es in meinem Kopf dazu gibt: Wo steht der Mensch in der Digitalisierung, und was sagen uns die modernen Straftäter dazu? Wer sind diese Menschen? Es war buchstäblich eine Inspiration in der Stille der Natur, die mich den Entschluss hat fassen lassen ein Buch zu schreiben. Ich kam mit einem Lächeln nach Hause und begann mein Exposé zu verfassen. So entstand mein Buch.
2. Welche Szene oder Hintergrundgeschichte aus Ihrem Buch ist Ihnen selbst besonders wichtig und warum?
Es ist das 7. Kapitel zu dem „guten Angeklagten“. Indem ich davon erzähle, wie ein Straftäter umkehrt, sich von seinen Taten distanziert und öffentlich erklärt, ein neues Leben beginnen zu wollen. Es war einer der sinnstiftendsten Momente meines Berufs, den ich da erleben durfte und gar keine Cybercrime Geschichte. Wenn es meine Arbeit schafft, Menschen zur Umkehr zu bewegen, ist der höchste Zweck erreicht. Und das ist nicht die Strafe für den Täter, sondern die neue Chance für den Menschen.
3. Wenn Ihre Leser:innen nur eine zentrale Erkenntnis aus Ihrem Buch mitnehmen könnten, welche sollte das sein – und warum?
Dass sie nicht machtlos sind in einer digitalisierten Welt. Zwar bestimmt das Internet, bestimmen große Konzerne und digitale Geräte unseren Alltag entscheidend mit. Aber die Entscheidungsgewalt über das eigene Leben bleibt beim Menschen. Ich schreibe in meinem Buch gegen die Ohnmacht an und versuche den Menschen eine Perspektive auf ihre eigenen Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch die Risiken im Netz zu eröffnen. Dazu gehört auch, was junge Menschen im Netz tun, wenn wir nicht auf sie aufpassen.
4. Geben Sie uns ein Zitat, einen Satz mit, das Ihnen zum Buch viel bedeutet oder das den Inhalt des Buches gut zusammenfasst.
Die digitale Transformation unserer Gesellschaft ist nur in zweiter Linie eine Frage der maschinellen Umsetzung. Sie ist in erster Linie eine menschliche Angelegenheit.
Mit digitalem Fortschritt mitzuhalten, ist ein unumstößliches Erfordernis, aber es darf nicht das alleinige Ziel sein. Sonst verlagert sich unsere Orientierungslosigkeit bloß weiter ins Digitale. Auch das beste Tool, eine verträgliche KI, der cleverste Techansatz ersetzen einen nicht: den Menschen.
5. Welche 3 konkreten Tipps haben Sie, wie die Leser Ihr Buch am besten lesen und konkret nutzen können
Wer mein Buch aufschlägt, trifft mich an der Eingangstür der Staatsanwaltschaft. Ich nehme die Leser mit in eine Welt, die den meisten verborgen bleibt.
Ich wünsche mir und empfehle, Neugier, Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und ein offenes Herz mitzubringen. Mein Job ist einer der spannendsten, weswegen ich gute Unterhaltung versprechen kann. Noch wichtiger aber ist, dass mein Buch gegen die gefühlte Machtlosigkeit der Menschen angesichts der fortschreitenden Digitalisierung anschreibt. Der konkrete Nutzen ist der Mut, den dieses Buch macht.
Über Jana Ringwald:
Jana Ringwald ist Oberstaatsanwältin bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und war an zahlreichen international beachteten Takedowns von Darknet-Marktplätzen beteiligt. Mit ihrem Team ermittelt sie im Falle von Cyberattacken gegen deutsche Unternehmen und stellte illegal erlangte Kryptowährungen in dreistelliger Millionenhöhe sicher. Sie ist eine gefragte Keynote-Speakerin und erhielt im November 2023 den EMOTION Award in der Kategorie »Frauen in Digitalisierung«.
Jana Ringwald wuchs in der Nähe von Mainz auf, verbrachte mehrere Jahre in Italien und entschied sich erst mit dem Eintritt in den Staatsdienst mit 29 Jahren gegen ein Leben zwischen Deutschland und Italien. Sie lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt, liebt Yoga und die Stille der Natur.
Titelfoto: Jana Ringwald
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