Wie Vorträge, Webinare und Schulungen wieder wirken
Viele Trainer:innen, Ausbilder:innen und Führungskräfte kennen das Gefühl: Man spricht, erklärt, gibt sich Mühe – und doch bleibt wenig hängen. Die Teilnehmenden sind körperlich anwesend, aber gedanklich woanders. Im Online-Meeting schweifen die Augen ab, im Seminarraum klickt jemand heimlich aufs Handy. Woran liegt das? Und vor allem: Was können wir tun, damit unsere Inhalte wieder wirklich ankommen?
1. Aufmerksamkeit ist kein Zufall
Moderne Hirnforschung zeigt: Das Gehirn entscheidet binnen Sekundenbruchteilen, ob es einer Information Aufmerksamkeit schenkt – oder nicht. Dabei fragt es unbewusst drei Dinge:
- Ist das neu für mich?
- Hat das etwas mit mir zu tun?
- Bringt mir das etwas?
Wer also einfach nur informiert, aber nicht emotional aktiviert, wird nicht durchdringen. Wer Wissen wie eine PowerPoint-Schubkarre über Teilnehmende kippt, darf sich über das berühmte „hier rein, da raus“ nicht wundern.
2. Der häufigste Fehler: Inhalte ohne Wirkung
In vielen Schulungen – ob online oder in Präsenz – passiert genau das: Inhalte werden korrekt präsentiert, aber sie wirken nicht. Warum? Weil das Gehirn nicht für lineares Zuhören gemacht ist, sondern für emotionale Erlebnisse, eigene Entdeckungen und sinnvolle Verknüpfungen.
Stattdessen sehen wir in der Praxis oft:
- Bullet-Point-Beschallung
- Monologe ohne Beteiligung
- Theoriewüsten ohne Anwendung
Was fehlt: Bezug, Beteiligung und Bedeutung.
3. Drei Prinzipien neurodidaktischer Wirkung
Um Inhalte wirklich „ins Hirn“ zu bringen, helfen drei einfache Prinzipien:
A. Story first, Theorie second.
Geschichten bleiben besser im Gedächtnis als Zahlen oder Definitionen. Wer Inhalte in eine emotionale Geschichte einbettet, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie ankommen und bleiben. Das nennt man „One-Shot-Learning“ – einmal verstanden, nie vergessen.
Hirnforscher Dr. Henning Beck prägt hierzu den schönen Satz: „Wir können Dinge vergessen. Aber wir können sie nicht ent-verstehen.“
B. Selbstbezug macht wach.
Menschen hören besser zu, wenn sie sich selbst im Thema wiederfinden. Statt „So funktioniert XY“ lieber: „Was bedeutet das für Ihren Alltag?“ oder „Wie würden Sie reagieren, wenn …?“ So entsteht kognitive Resonanz.
C. Aktivierung schlägt PowerPoint.
Wer denkt, lernt. Und wer klickt, erinnert sich. Wer mitgestaltet, bleibt dran. Einfache Aufgaben, Umfragen, Gedankenexperimente – all das aktiviert das Gehirn deutlich stärker als Folienwüsten.
Und dann braucht es am Ende auch kein „Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit“. Bei PowerPoint Schlachten müsste man sich aber tatsächlich dafür bedanken, dass die Teilnehmenden nicht eingeschlafen sind.
Praxisbeispiel: Wie eine PowerPoint plötzlich zündete
Unser erster Online-Kurs zum Ausbilderschein war ein simples E-Learning. Exakt der gleiche Text auf der Folie wie der, der von einer Sprecherstimme vorgelesen wurde. Funktional, aber leblos.
Das Gehirn speichert eine trockene Information nicht leichter, wenn wir sie hören und gleichzeitig lesen. Es ist sogar anstrengend, wenn wir einen Text lesen, der Sprecher aber längst beim nächsten Punkt angelangt ist. Und damit entsteht eher der Impuls für das Gehirn, abzuschalten, sich einer Ablenkung zuzuwenden oder die Gedanken schweifen zu lassen.
Mehr als zwei Jahre haben wir investiert, um den Online-Kurs als Geschichte darzustellen. Und auch die Präsentation zu überarbeiten: Weniger Folien, viele Icons und Grafiken, maximal sieben Stichpunkte auf einer Folie.
Ein Teilnehmer sagte dann: „Der Kurs ist kein Pauken. Das ist wie Netflix-Gucken.“ Und das kannst du auch schaffen. Egal bei welchem Thema. Egal, ob es um eine Keynote oder Fach-Präsentation geht.
4. Sieben schnelle Tipps für mehr Wirkung
1. Wecke Neugier direkt zu Beginn: Starte mit einer Frage, einem Bild oder einer Mini-Story – nicht mit deiner Agenda.
2. Weniger ist mehr: Eine starke Aussage wirkt besser als fünf schwache.
3. Nutze den Überraschungseffekt: Unerwartete Wendungen oder provokante Thesen halten wach.
4. Sprich in Bildern: „Das war wie ein Boxkampf mit dem Budget“ ist einprägsamer als „Das war schwierig“.
5. Schaffe Beteiligung: Stelle Fragen, lass abstimmen, bitte um Meinungen – auch online.
6. Verknüpfe Theorie mit Emotion: Zahlen sind wichtig – aber ohne Gefühl sind sie leblos.
7. Schließe mit einem klaren Call-to-Action: Was sollen die Teilnehmenden tun, fühlen, verändern?
Fazit: Inhalte müssen erlebt werden, nicht nur erklärt
Ob im Pitch, im Webinar oder im Workshop: Wer Wirkung erzielen will, muss Beziehung herstellen – zum Thema und zu den Teilnehmenden. Es geht nicht um mehr Wissen, sondern um mehr Verbindung. Nur so entsteht Aufmerksamkeit, Lernen – und echte Veränderung.
Bild@ Fotograf: Thomas Richtert